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Epstein-Barr – das viel zu oft ignorierte Virus

Egal wie sehr uns das Thema Covid-19 seit Monaten beschäftigt und unabhängig davon, wie lange das noch der Fall sein wird, möchte ich Ihnen heute über ein anderes Virus sprechen, das uns das Leben immer wieder schwer macht. Es geht um das Epstein-Barr-Virus, das eine infektiöse Mononukleose auslöst – das, was wir gemeinhin Pfeiffersches Drüsenfieber nennen. Eine Diagnose, von der ich nicht nur als Heilpraktiker ein Lied singen kann, sondern auch als Patient betroffen war.

Nicht zu unterschätzen

Zwar ist die auch „Kusskrankheit“ genannte Infektion nicht per se gefährlich. Mir hat sie einen gehörigen Schrecken eingejagt, als bei mir plötzlich unklare Symptome von Schwäche und fiebrigem Gefühl und massive Veränderungen im Blutbild auftraten, ähnlich wie bei Blutkrebs. Den Verdacht auf Leukämie konnte zum Glück ein erfahrener Hämatologe mit der Diagnose Pfeiffersches Drüsenfieber entkräften.

Die Forschernatur in mir wollte es aber noch genauer wissen. Zu dieser Zeit arbeitete ich in der Kardiologie, unternahm eine Echokardiographie, also einen Ultraschall des Herzens, und stellte einen Herzbeutelerguss fest. Mein Herz hatte auf das Virus reagiert, obwohl es nach dem Wissensstand von 1986 nicht kardiotrop sein sollte. Davon war auch meine Oberärztin überzeugt. Heute ist bekannt, dass neben Lymphknotenschwellungen, Halsschmerzen, Milz- und Lebervergrößerungen das Herz durchaus beteiligt sein kann. Das macht das Virus, besonders, wenn man es verschleppt, gefährlicher als es sein müsste. Ein betroffenes Herz kann im schlimmsten Fall, selbst bei wenigen Allgemeinsymptomen, auch aufhören zu schlagen, also zum Sekundentod führen.

Chronische Symptome

Das zeigt deutlich, wie ernst wir es nehmen müssen, selbst wenn nicht immer eine schwere Erkrankung auf die Infektion mit dem Epstein-Barr-Virus folgt. Denn es kann zu chronischen Herzmuskelentzündungen kommen. Lymphknoten können ein Leben lang tastbar bleiben, weil sie vernarben. Die Mandeln können anfällig bleiben und unser Immunsystem kann so geschwächt sein, dass wir ständig erkältet sind. In manchen Regionen gilt das Epstein-Barr-Virus sogar als Auslöser des so genannten Burkitt-Lymphoms.

In meine Praxis kommen viele Patienten mit chronischen Infektionen oder einem Erschöpfungssyndrom. Aber auch bei vielen Menschen mit chronischen Schmerzen lässt sich das Virus noch nachweisen. Viele junge Betroffene leiden plötzlich unter Herzrhythmusstörungen oder beschreiben einen starken Leistungsknick. Der oft sehr milde und kaum bemerkte Verlauf der Infektion stellt dabei das große Problem dar. Denn viele können sich an keine Erkrankung erinnern. Der Hintergrund ihrer Beschwerden liegt aber nicht selten an einem chronisch persistierenden EB-Virus. Dann können immer noch Antikörper im Blut nachgewiesen werden, obwohl die Infektion schon lange zurückliegt und ursprünglich unbemerkt blieb.

Akut oder chronisch?

Also aufgepasst. Der akute Pfeiffer beginnt mit Halsschmerzen und gegebenenfalls Fieber, oder auch nur Lymphknotenschwellungen am Hals. Leider greifen viele dann schnell zu Antibiotika, weil im Bereich der Mandeln eine Entzündung entsteht. Die Gabe von Penicillin verschlechtert die Prognose aber nur. Deshalb ist es ratsam, die Infektion immer im Blut abzuklären. Sollte sich der Pfeiffer bestätigen, sorgen Sie neben schulmedizinischen Maßnahmen bitte unbedingt für ausreichend Ruhe und verzichten Sie auf jegliche sportliche Aktivität.

Die Symptome einer chronischen Infektion habe ich ja bereits zuvor beschrieben. Einer Behandlung muss unbedingt eine gründliche Untersuchung auf das Virus vorausgehen und geklärt werden, ob Sie das Virus verschleppt haben. Nur so lässt sich eine effektive Behandlungsstrategie erarbeiten. Ein prominentes Beispiel dafür, was die Verschleppung des Virus auslösen kann, ist Kira Walkenhorst, die ehemalige Olympiasiegerin im Beach-Volleyball. Sie wollte wegen chronischer Schmerzen bereits Ihre Karriere an den Nagel hängen. Heute spielt sie wieder auf hohem Niveau.

Der Pfeiffer ist hochvirulent

Um eine Ansteckung mit dem Virus zu vermeiden, können wir ähnlich vorgehen, wie im Umgang mit Corona. Das Wichtigste dabei: Meiden Sie bekannte Infizierte. Das Virus wird ja nicht umsonst auch „kissing disease“ genannt. Wie sagt man so schön: „Einer im Semester, alle im Semester!“ Es verbreitet sich über eine Tröpfcheninfektion und wer nicht gerade über ausgesprochen gute Abwehrkräfte verfügt, ist schnell angesteckt.

Was können Heilpraktiker tun?

Eine Standardtherapie gibt es leider nicht. Wie immer, sollten wir auch die Erkrankung am EB-Virus ganzheitlich betrachten. Denn ein Pfeiffer kommt nicht immer alleine und bestehende Co-Infektionen im Körper bestimmen die Vorgehensweise.