Homöopathie? Ja, bitte!

Sie kennen das sicher: Sie erzählen einer Bekannten oder einem Freund, dass sich ihr Kind beim Spielen den Kopf gestoßen hat und deshalb Arnica Globuli bekam. Der blaue Fleck ist kaum sichtbar und nach den ersten Tränen war das ganze Malheur schnell vergessen. Es folgt ein fragender Blick und ein abschätziges: „Mehr als der Placebo-Effekt war das aber nicht. Das weißt du schon.“ Entweder Sie sehen das ganz entspannt und nicken oder Sie fangen jetzt an zu diskutieren. Schließlich glauben Sie nicht nur fest an die Wirkung von Globuli und Co., Sie wissen aus eigener Erfahrung, dass Sie mit der Gabe von Homöopathika bei ihrem Kind und bei sich selbst bereits einiges erreicht haben.

Pseudowissenschaft oder sanfte Naturmedizin

Homöopathie wird heute immer noch von vielen als Pseudowissenschaft abgetan. Der Einsatz dieser Komplementärmedizin polarisiert so sehr wie die Coronaimpfung. Die einen schwören darauf, die anderen halten alle, die Homöopathika verschreiben, für Scharlatane und scheuen keine Kosten und Mühen, um zu beweisen, dass das „Zeug“ einfach nicht wirkt. Und wer den „nutzlosen Kram“ schon unbedingt nehmen möchte, der soll ihn gefälligst selbst bezahlen. Diese immerwährende Diskussion möchte ich zum Anlass nehmen, ein wenig Hintergrundinformationen zu liefern. Vorneweg, ich nutze Homöopathie vor allem in Form von Komplexmitteln seit Jahrzehnten mit für meine Patienten und Patientinnen großartigen Ergebnissen. 

Was genau ist Homöopathie eigentlich?

Es handelt sich um eine komplementäre Medizin, die auf der Annahme basiert, dass Ähnliches durch Ähnliches geheilt werden kann. Eine Substanz, die bei einem gesunden Menschen für Symptome sorgen würde, soll bei Kranken mit ähnlichen Symptomen zur Heilung führen. Zurück geht diese Methode auf den deutschen Arzt Samuel Hahnemann, der die Behandlungsmethode Ende des 18. Jahrhunderts entwickelt hat, weil er mit den damals gängigen medizinischen Praktiken unzufrieden war. Als Grundlage seines Prinzips „Ähnliches mit Ähnlichem zu heilen“ verwendete er stark verdünnte Substanzen, die er Potenzierungen nannte.

Wie ist die Lage heute?

Inzwischen ist das 18. Jahrhundert natürlich schon ein bisschen her und die Medizin hat sich in allen Feldern weiterentwickelt. Warum setzten wir also immer noch Homöopathie ein, wenn uns so viele andere Behandlungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen und viele, durchaus ernstzunehmende Wissenschaftler und Ärztinnen, die Wirksamkeit von Hahnemanns Methode so vehement bestreiten?

Gehen wir an dieser Stelle jetzt einfach mal davon aus – wenn das nicht zu viel verlangt ist – dass Homöopathie tatsächlich wirkt. Dann spricht sehr viel dafür, sie zu nutzen. 

  1. Die Nebenwirkungen sind deutlich geringer als bei den meisten schulmedizinischen Medikamenten: Homöopathische Mittel werden aus natürlichen Substanzen hergestellt und sind in der Regel so sehr verdünnt, dass das Risiko von Nebenwirkungen sehr gering ist. Damit macht sie das sicherer für den Körper. 
  2. Individueller geht es kaum: Die Homöopathie wird oft auch als personalisierte Medizin bezeichnet und individuell auf die Symptome und Bedürfnisse des Patienten abgestimmt. Ein Homöopath arbeitet mit seinen Patienten eng zusammen, um eine vollständige Anamnese zu erstellen und ein Mittel zu finden, das am besten zu seinen spezifischen Symptomen passt. Dies kann eine wirksamere Behandlung bieten als eine „One-Size-Fits-All“ -Lösung.
  3. Untersuchungen zeigen Wirksamkeit: Es gibt inzwischen mehrere Studien, die zeigen, dass Homöopathie bei einer Vielzahl von Erkrankungen wirksam sein kann. Eine Meta-Analyse aus dem Jahr 2014 fand heraus, dass Homöopathie zum Beispiel bei allergischer Rhinitis, Depression, Asthma und Migräne äußerst wirksam war. Es gibt aber auch Studien, die das Gegenteil behaupten. Den aktuellen Stand der Forschung finden Sie zum Beispiel auf der Website des Londoner Homeopathy Research Institute  (HRI) https://www.hri-research.org/de/.
  4. Alternative für Menschen mit Arzneimittelempfindlichkeiten und Unverträglichkeiten: Ein großer Vorteil der Homöopathie ist, dass sie für einige Krankheiten eine Alternative für diejenigen darstellt, die auf herkömmliche Medikamente empfindlich reagieren oder gar allergisch sind. Homöopathische Mittel können oft ohne Probleme verwendet werden, wenn die Schulmedizin für Komplikationen sorgt. 
  5. Geringere Kosten: Homöopathische Mittel sind im Vergleich zu herkömmlichen Medikamenten in der Regel kostengünstiger – für Krankenkassen und für Patienten. 

Ist Homöopathie eine Glaubensfrage?

Ich möchte an dieser Stelle aber auch Kritiker zu Wort kommen lassen. Die betonen immer wieder, dass die Wirksamkeit von Homöopathie eine reine Glaubensfrage sei. Ich möchte den Placebo-Effekt nicht bestreiten, aber ergänzen, dass der bei vielen Medikamenten eine Rolle spielen kann. Meiner Einschätzung nach ist Homöopathie aber weit über den Placebo-Effekt hinaus wirksam – das zeigt meine Erfahrung seit inzwischen über 30 Jahren mit eigener Praxis. In der Regel nutze ich sie aber auch nicht als einzige Therapie. Ich arbeite mit Komplexlösungen, also Medizin, ob flüssig oder in Globuli-Form, die mehrere homöopathische Stoffe enthält, in Kombination mit Akupunktur, Nährstoffen, Eigenbluttherapie und einigem mehr. Als glühender Anhänger der Komplementärmedizin werde ich aber auch nicht müde zu betonen, dass wir im Sinne unserer Patientinnen und Patienten stets die beste Therapieform finden müssen. Das geht häufig nur, wenn Schulmedizin und Naturheilkunde, zu der auch die Homöopathie zählt, Hand in Hand zusammenarbeiten. Ich sehe also keine Veranlassung dafür, dass wir als in der Medizin tätiges Personal uns gegenseitig die Augen aushacken. Wir dürfen sogar unterschiedlicher Meinung sein. Das fördert Diskussionen und damit auch den Fortbestand von Forschung. Wissenschaft ist eben immer „Work in progress“ und der aktuelle Stand immer eine Momentaufnahme, die bereits kurz darauf widerlegt sein kann. 

Was spricht gegen Homöopathie?

Bis heute ist die Unterstützung für die Homöopathie in der medizinischen Forschung viel zu gering. Deshalb bleibt sie häufig noch den in Deutschland anerkannten wissenschaftlichen Beweis schuldig. So lange meine Erfahrungswerte und die von zahlreichen Kollegen und Kolleginnen – nicht nur Heilpraktiker, sondern auch Ärzte – so positiv bleiben, sehe ich aber keinen Grund sie nicht zu nutzen. Allerdings rate ich deutlich davon ab, sie bei schweren Erkrankungen wie Krebs als einziges Heilmittel einzusetzen. Das kann lebensgefährlich sein. Auch von Verzögerungen nach dem Motto „Ich probiere erst einmal Homöopathie und schaue, ob sie wirkt. Danach kann ich immer noch einer konventionellen Therapie zustimmen“ sind gefährlich. Ich sage es ganz deutlich: Homöopathie ist in diesem und vielen weiteren Fällen kein Ersatz für die Schulmedizin und sollte lediglich als Unterstützung genutzt werden, um beispielsweise Nebenwirkungen einer Chemotherapie zu reduzieren.

Deshalb gilt: Informieren Sie sich immer gut, bevor Sie sich für eine Therapieform entscheiden. Meist ist die Kombination aus Schul- und Komplementärmedizin ein guter Weg. Beraten Sie sich bei der Therapie immer mit ihrem Arzt oder Heilpraktiker. Ein guter und verantwortungsbewusster Heilpraktiker kennt seine Grenzen und wird Sie zu einem Arzt schicken, wenn er eine Therapie nicht durchführen kann oder darf. Sprechen Sie aber auch Ihren Arzt an, wenn Sie nach Therapieergänzungen suchen. Viele stehen der Naturheilkunde sehr offen gegenüber und können, wenn es nicht ihr Spezialgebiet ist, meist einen Heilpraktiker empfehlen.