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Würde Hahnemann impfen? Oder: Was Homöopathie und Immunisierung miteinander zu tun haben

Stellen Sie sich vor, Sie sind Heilpraktiker und sie finden viele Impfungen gut. Gerade im Moment, wo die Corona-Impfung heiß diskutiert wird, ist das keine leichte Position – weder bei einigen Patienten, noch bei vielen Kollegen. Und auch die Öffentlichkeit zeigt sich Heilpraktikern gegenüber eher kritisch. Eine Haltung pro Covid-19-Impfung traut man meiner Berufsgruppe nur selten zu. Ich schreibe das nicht, weil ich darüber jammern möchte. So ist es eben. Ich kann das aber nicht einfach hinnehmen. Stattdessen möchte ich lieber aufklären, erklären und vielleicht noch einige Kritiker in ihrer Skepsis abholen und überzeugen.

Heilpraktiker sind nicht alle Impfgegner

Im Gespräch, das ich regelmäßig persönlich, aber auch über die facebook-Seite meiner Praxis führe, komme ich früher oder später meist an den Punkt, dass ich gefragt werde: Sie sind doch Heilpraktiker. Da können Sie doch das Impfen nicht gutheißen und schon gar nicht, wenn ein Impfstoff im Hauruck-Verfahren die Zulassung erreicht hat. Diese Denke setzt häufig voraus, dass Ärzte und Heilpraktiker grundsätzlich eine gegensätzliche Einstellung haben müssen. Das entspricht aber in keiner Weise meiner Haltung und schon gar nicht meiner Überzeugung. Ich arbeite als Komplementärmediziner und finde generell, dass wir zum Wohle des Patienten nicht gegeneinander sondern miteinander und ergänzend arbeiten müssen.

Was hat das mit Homöopathie zu tun?

Auch Samuel Hahnemann, der Erfinder der Homöopathie, war Arzt, dem sogar in Washington D.C. ein Denkmal errichtet wurde. Sein Prinzip „Similia similibus curentur“ – Ähnliches soll mit Ähnlichem kuriert werden – basiert auf der gleichen Grundidee wie viele Impfungen, ganz besonders die Lebendimpfungen. Ich könnte mir also gut vorstellen, dass Samuel Hahnemann durchaus ein Impfbefürworter wäre, würde er heute noch leben. Eine seiner prägenden Eigenschaften war ja seine Hingabe zum Fortschritt und zur Weiterentwicklung der Medizin. Sonst würde es die Homöopathie heute nicht geben. Dafür hat er sogar Selbstversuche durchgeführt. Natürlich ist die Herstellungsweise von Impfungen auch anders als die der Homöopathie. Das ist ganz klar. Da der Gedanke hinter Impfungen und Homöopathie aber der gleiche ist, hoffe ich, dass der ein oder andere Impfgegner noch einmal genauer hinschaut. Das wäre mir ein großes Anliegen. Besonders jetzt, wo wir uns so stark wie lange nicht mehr, auf einen Impfstoff und/ oder geeignete Medikamente zur Bekämpfung der Corona-Pandemie verlassen können müssen.

Wie funktioniert die Corona-Impfung

Ich gebe zu: Heutzutage werden viele Impfungen nicht mehr mit lebenden Viren durchgeführt. Das betrifft auch die Corona-Impfung. Sie werden also NICHT mit einer geringen Dosis des lebenden Covid19-Virus geimpft. Der SARS-CoV-2-Impfstoff von Biontech/Pfizer funktioniert über Boten-RNA. Der Körper erhält eine Art Anleitung für den Bau von Eiweißstoffen, die typisch für das Virus sind. Das führt zur Immunreaktion, es werden also Antikörper gebildet, die dem Immunsystem bei einer tatsächlichen Infektion helfen, gegen das Virus vorzugehen.

Warum wir uns gegen Corona impfen lassen sollten

Wenn die neue Impfung nicht wie die Homöopathie funktioniert, warum bin ich trotzdem dafür, dass wir uns alle impfen lassen? Ich glaube fest daran, dass wir als Gesellschaft grundsätzlich mehr Zusammenstehen und Miteinander demonstrieren müssen. Das heißt nicht, dass wir nicht mehr diskutieren sollten oder kein Für und Wider mehr abwägen dürfen. Aber eine Pandemie, die wir zumindest zu meinen Lebzeiten bisher so nicht erlebt haben, erfordert ein besonders Maß an Solidarität und gesellschaftlichem Zusammenhalt. Deshalb gilt meine Empfehlung für diese Impfung im Grunde uneingeschränkt. Denn nur so werden wir für uns alle in einem erträglichen Zeitrahmen wieder ein Leben erzielen, das wir kennen und als lebenswert empfinden. Und das ist etwas, das wir uns alle wünschen – egal ob Arzt, Heilpraktiker, Impfbefürworter oder -gegner, egal ob jung oder alt: Wir wollen unser Leben zurück oder zumindest ein neues, dass die Bezeichnung verdient.

Epstein-Barr – das viel zu oft ignorierte Virus

Egal wie sehr uns das Thema Covid-19 seit Monaten beschäftigt und unabhängig davon, wie lange das noch der Fall sein wird, möchte ich Ihnen heute über ein anderes Virus sprechen, das uns das Leben immer wieder schwer macht. Es geht um das Epstein-Barr-Virus, das eine infektiöse Mononukleose auslöst – das, was wir gemeinhin Pfeiffersches Drüsenfieber nennen. Eine Diagnose, von der ich nicht nur als Heilpraktiker ein Lied singen kann, sondern auch als Patient betroffen war.

Nicht zu unterschätzen

Zwar ist die auch „Kusskrankheit“ genannte Infektion nicht per se gefährlich. Mir hat sie einen gehörigen Schrecken eingejagt, als bei mir plötzlich unklare Symptome von Schwäche und fiebrigem Gefühl und massive Veränderungen im Blutbild auftraten, ähnlich wie bei Blutkrebs. Den Verdacht auf Leukämie konnte zum Glück ein erfahrener Hämatologe mit der Diagnose Pfeiffersches Drüsenfieber entkräften.

Die Forschernatur in mir wollte es aber noch genauer wissen. Zu dieser Zeit arbeitete ich in der Kardiologie, unternahm eine Echokardiographie, also einen Ultraschall des Herzens, und stellte einen Herzbeutelerguss fest. Mein Herz hatte auf das Virus reagiert, obwohl es nach dem Wissensstand von 1986 nicht kardiotrop sein sollte. Davon war auch meine Oberärztin überzeugt. Heute ist bekannt, dass neben Lymphknotenschwellungen, Halsschmerzen, Milz- und Lebervergrößerungen das Herz durchaus beteiligt sein kann. Das macht das Virus, besonders, wenn man es verschleppt, gefährlicher als es sein müsste. Ein betroffenes Herz kann im schlimmsten Fall, selbst bei wenigen Allgemeinsymptomen, auch aufhören zu schlagen, also zum Sekundentod führen.

Chronische Symptome

Das zeigt deutlich, wie ernst wir es nehmen müssen, selbst wenn nicht immer eine schwere Erkrankung auf die Infektion mit dem Epstein-Barr-Virus folgt. Denn es kann zu chronischen Herzmuskelentzündungen kommen. Lymphknoten können ein Leben lang tastbar bleiben, weil sie vernarben. Die Mandeln können anfällig bleiben und unser Immunsystem kann so geschwächt sein, dass wir ständig erkältet sind. In manchen Regionen gilt das Epstein-Barr-Virus sogar als Auslöser des so genannten Burkitt-Lymphoms.

In meine Praxis kommen viele Patienten mit chronischen Infektionen oder einem Erschöpfungssyndrom. Aber auch bei vielen Menschen mit chronischen Schmerzen lässt sich das Virus noch nachweisen. Viele junge Betroffene leiden plötzlich unter Herzrhythmusstörungen oder beschreiben einen starken Leistungsknick. Der oft sehr milde und kaum bemerkte Verlauf der Infektion stellt dabei das große Problem dar. Denn viele können sich an keine Erkrankung erinnern. Der Hintergrund ihrer Beschwerden liegt aber nicht selten an einem chronisch persistierenden EB-Virus. Dann können immer noch Antikörper im Blut nachgewiesen werden, obwohl die Infektion schon lange zurückliegt und ursprünglich unbemerkt blieb.

Akut oder chronisch?

Also aufgepasst. Der akute Pfeiffer beginnt mit Halsschmerzen und gegebenenfalls Fieber, oder auch nur Lymphknotenschwellungen am Hals. Leider greifen viele dann schnell zu Antibiotika, weil im Bereich der Mandeln eine Entzündung entsteht. Die Gabe von Penicillin verschlechtert die Prognose aber nur. Deshalb ist es ratsam, die Infektion immer im Blut abzuklären. Sollte sich der Pfeiffer bestätigen, sorgen Sie neben schulmedizinischen Maßnahmen bitte unbedingt für ausreichend Ruhe und verzichten Sie auf jegliche sportliche Aktivität.

Die Symptome einer chronischen Infektion habe ich ja bereits zuvor beschrieben. Einer Behandlung muss unbedingt eine gründliche Untersuchung auf das Virus vorausgehen und geklärt werden, ob Sie das Virus verschleppt haben. Nur so lässt sich eine effektive Behandlungsstrategie erarbeiten. Ein prominentes Beispiel dafür, was die Verschleppung des Virus auslösen kann, ist Kira Walkenhorst, die ehemalige Olympiasiegerin im Beach-Volleyball. Sie wollte wegen chronischer Schmerzen bereits Ihre Karriere an den Nagel hängen. Heute spielt sie wieder auf hohem Niveau.

Der Pfeiffer ist hochvirulent

Um eine Ansteckung mit dem Virus zu vermeiden, können wir ähnlich vorgehen, wie im Umgang mit Corona. Das Wichtigste dabei: Meiden Sie bekannte Infizierte. Das Virus wird ja nicht umsonst auch „kissing disease“ genannt. Wie sagt man so schön: „Einer im Semester, alle im Semester!“ Es verbreitet sich über eine Tröpfcheninfektion und wer nicht gerade über ausgesprochen gute Abwehrkräfte verfügt, ist schnell angesteckt.

Was können Heilpraktiker tun?

Eine Standardtherapie gibt es leider nicht. Wie immer, sollten wir auch die Erkrankung am EB-Virus ganzheitlich betrachten. Denn ein Pfeiffer kommt nicht immer alleine und bestehende Co-Infektionen im Körper bestimmen die Vorgehensweise.

Covid 19 – was geht, was bleibt, was muss besser werden

In den meisten Bundesländern sind die Ferien zu Ende und in diesem Zusammenhang wird wieder von einem Regelbetrieb gesprochen. Heißt Regelbetrieb jetzt auch gleichzeitig, dass alles wieder „normal“ wird wie vor der Pandemie? Mit Sicherheit nicht. Politiker folgen hier Empfehlungen von Virologen und damit wird zumindest den Kindern wieder eine gewisse Normalität – Unterricht aller Schüler ohne Masken im Klassenzimmer – zurückgegeben. Das möchte ich gerne zum Anlass nehmen, heute einmal etwas darüber zu philosophieren, was sich in der Medizin, aber auch in der Gesellschaft verändern wird.

Zu wenig Gewissheit

Auch wenn viele inzwischen, teils sehr lautstark und in einer unvernünftigen Art und Weise, die Rückkehr zu einem Leben wie vor Covid 19 fordern, halte ich das in näherer Zukunft für ausgeschlossen. Denn dafür gibt es immer noch viel zu viele ungeklärte Fragen. Denken wir nur einmal daran, dass wir heute noch nicht wissen, wie die Herbst-Winter-Saison laufen wird. Was passiert, wenn es draußen feuchter wird und damit auch die Luftfeuchtigkeit in den Räumen steigt und die Möglichkeiten zu lüften weniger werden? Das sind dann nämlich ideale Bedingungen für ein Aerosol, besonders dann, wenn es Viren trägt.

Ein neues altes Normal

Ich rechne bei Kliniken und Praxen damit, dass wir ein „Normal“ erreichen werden, das der Situation Ende der 1980er oder Anfang der 1990er Jahren entsprechen wird. Wir werden in vielen Bereichen mehr Glas sehen. Besuchszeiten dürfen nicht nur pro Forma gelten, sondern müssen wieder ein Standard sein, alleine schon, um das Pflegepersonal zu entlasten. Die brauchen vor allem auch Schutzkleidung, wie Masken und Kittel, die vollständig in Deutschland produziert werden, um Lieferengpässe zu vermeiden. Außerdem müssen Krankenhäuser wohl wieder eigenes Reinigungspersonal beschäftigen, das häufiger zur Verfügung steht als so genannte Putzkolonnen von Fremdfirmen. Es wird vieles wieder so werden, wie es einmal war – vor vielen Jahren.

Mehr Verantwortung, bessere Kommunikation

Wir Heilpraktiker können besonders bei der Prävention ansetzen. Die Schulmedizin und das System der Kassen setzen ja in der Regel erst bei der Heilung an. Also sehe ich es unter anderem als unsere Aufgabe an, Patienten die Bedeutung der Selbstfürsorge und Verantwortung für den eigenen Körper und seine Gesundheit nahezubringen. Jeder einzelne sollte sich bewusst sein, dass die uns auferlegten Regeln wie Abstand und Maskenpflicht präventive Maßnahmen sind, die wir relativ einfach leisten können. Wenn unser Gesundheitsminister Jens Spahn dann zu Beginn einer Pandemie äußert, Masken zu tragen würde nichts bringen und erst dann umschwenkt, wenn genügend Masken für alle verfügbar sind, trägt das natürlich nicht zur Glaubwürdigkeit bei. Im Gegenteil, es schadet einer wichtigen Präventionsmaßnahme. Da würde ich mir eine andere Kommunikation wünschen.

Das gilt übrigens auch für die Berichterstattung über gesunde Ernährung. Denn die spielt auch in Sachen Virusschutz eine tragende Rolle. Ich habe in den letzten Monaten mehr Blödsinn gesehen und gelesen als wirklich Gutes und Informatives. Wer sich gesund ernährt, erhöht die Chance, gesund zu bleiben, immens. Dazu gehören auch immer wieder individuell ausgewählte Nahrungsergänzungsmittel. Denn nicht alles, was wir brauchen, nehmen wir in der Form und Menge auf, in der wir glauben. Hier stehen wir alle miteinander in der Verantwortung zu informieren und jeder persönlich für die Umsetzung.

Eine andere Gesellschaft

Auch unser gesellschaftliches Miteinander wird sich grundlegend wandeln. Wir hatten bisher zum Beispiel auf Hände schütteln zur Begrüßung der Patienten immer großen Wert gelegt. Das wird es nicht mehr geben können. Und natürlich nicht nur bei uns. Wir werden alle mit weniger Nähe und Kontakt auskommen müssen und besonders ältere Menschen, die naturgemäß ein höheres Infektionsrisiko tragen, werden das zu spüren bekommen. Das zieht bereits jetzt, wie erste Studien zeigen, negative mentale Folgen nach sich, die wir nicht unterschätzen dürfen.

Angst vor dem Winter

Menschen werden zurückhaltender auf andere zugehen. In meiner Praxis sprechen heute schon viele Patienten davon, dass sie sich vor dem Winter fürchten. Wenn es dann im Herbst wieder kälter und dunkler wird, trägt auch das nicht zu einer besseren Stimmung bei. Das alles schadet unserer Seele. Deshalb müssen wir darauf achten, dass wir einen guten Umgang mit den Menschen in unserem engen Kreis leben. Sonst wird die Zahl derjenigen mit Depressionen und Angstzuständen nach oben schnellen. Wir brauchen Raum für die schönen Dinge im Alltag wie Musik hören oder was auch immer den einzelnen guttut. Und sportliche Aktivität oder zumindest ein gutes Maß an Bewegung gehören auch bei schlechtem Wetter auf die Tagesordnung.

Unser Gesundheitswesen

Und unser Gesundheitswesen braucht dringend einen neuen, ausgeweiteten Ansatz. Wir dürfen nicht aus Kostengründen noch mehr Krankenhäuser schließen und immer mehr Betten abbauen – auch wenn Herr Spahn das immer wieder fordert. In Essen erleben wir gerade ein Desaster. Zwei Häuser sollen aufgrund der finanziellen Schieflage eines Krankenhauskonzernes geschlossen werden. Das hätte fatale Folgen und würde jeglichem Wissen um Viren entgegenwirken. Ich möchte Ihnen an dieser Stelle wirklich keine Angst machen, aber wir werden immer wieder mit neuen Viren konfrontiert sein. Deshalb sind weniger Krankenhäuser und weniger Betten ein falsches Signal an die Bevölkerung, die gerade, um das Gesundheitswesen nicht zu überlasten, große Einschränkungen hinnehmen muss und das wahrscheinlich auch noch für längere Zeit.

Trotz Corona – Übertriebene Hygiene kann auch krank machen

Neulich belauschte ich im Drogeriemarkt das Gespräch zwischen einer Verkäuferin (ohne Maske) und einem Kunden (mit Maske), der sichtlich verzweifelt auf der Suche nach Desinfektionsmittel für die Hände war. Die Verkäuferin versicherte dem aufgebrachten und auch ängstlichen Herrn, sie hätten wirklich keins mehr – auch nicht im Lager. Aber er wollte einfach nicht locker lassen und fuchtelte mit einer Packung Bakterien-Killer vor seinem Gesicht herum. Wie sehr die Dame auch versuchte, ihn zu überzeugen, dass dieses Mittel nicht gegen Corona-Viren helfe, sie drang nicht zu ihm durch. Aus schierer Panik heraus kaufte der Mann die unnütze Flüssigkeit

Zu viel Desinfektion

Ich behaupte nicht, Desinfektionsmittel sei per se schlecht. Das geschilderte Szenario zeigt aber deutlich, wie Komplex das Thema ist und wie wenig vernünftig wir Deutschen damit umgehen. Zu Zeiten einer Pandemie, wie wir sie gerade erleben, ist Hygiene natürlich eines der wichtigsten und meist diskutierten Themen. Darin sind sich alle Experten einig. Gerade jetzt, da Deutschland dieser Tage nach Wochen aus dem Corona-Schock erwacht. Die ersten Lockerungen von Restriktionen finden bereits statt. Wir können fast überall wieder einkaufen und oft selbstgemachte Mund-Nasen-Schutzmasken halten Einzug in das tägliche Straßenbild. Ebenso wie Desinfektionsmittel am Eingang jedes kleinen und großen Ladengeschäfts. So weit, so gut.

Besondere Maßnahmen

Ein bisher unbekanntes Virus verlangt eben besondere Maßnahmen. Und natürlich halten wir uns auch in meiner Praxis an alle Hygienevorschriften, die von Bund und Land vorgegeben werden. Und trotzdem möchte ich an dieser Stelle betonen, dass nicht mangelnde Hygiene in Deutschland zu einer Ausbreitung des Virus geführt hat. Im Gegenteil. Wir Deutschen neigen sogar häufig zu übertriebener Hygiene, die in Sachen Virusabwehr kontraproduktiv wirken kann. Zurzeit scheint das schon fast in Hysterie auszuarten. Das ist nicht gesund – weder für unseren Körper noch für unsere Seele.

Medizin und Hausgebrauch – zwei Hygienewelten

Denn wir müssen ganz klar unterscheiden zwischen der Hygiene und Sterilität, die wir in der Medizin zwingend einsetzen müssen, um Patienten und Personal zu schützen und der für den alltäglichen Hausgebrauch. Zuhause desinfizieren wir Deutschen ganz klar zu viel und dann benutzen wir oft auch noch die falschen “Mittelchen“ – wie das oben geschilderte Beispiel deutlich zeigt. Hinzu kommt, dass übertriebene Hygiene den Säure-Basen-Haushalt unserer Haut massiv stört. Benutzen wir zu viel Seife oder Desinfektionsmittel zerstören wir unseren körpereigenen Schutzmantel der Haut und laden Viren und Bakterien so sogar noch in unseren Körper ein. Das ist sehr unglücklich und sollte unbedingt vermieden werden.

Hygiene mit Sinn und Verstand

All die Mittel wie Hygienespüler, Desinfektionssprays und viele weitere vermitteln uns ein „sauberes“ Gefühl – die Werbung trägt ihr Übriges dazu bei. Aber in Wahrheit sind sie ein echtes Gesundheitsrisiko. Das beste Beispiel: Die übertriebene Schnuller-Hygiene mit diversen Desinfektionsmitteln hat die meisten Allergiekinder in den 1970er Jahren hervorgebracht. Ehrlich, der Einsatz sanfter Spül- und Putzmittel sowie regelmäßiges Händewaschen reichen für eine gesunde Hygiene völlig aus. Ich glaube fest an den alten Spruch vieler Großeltern „Dreck reinigt den Magen“. Der hat etwas Sinnbildliches, auch wenn er medizinisch nicht wirklich nachweisbar ist.

80 Prozent nur mit Wasser

Mir ist völlig klar, dass Kritik an unseren Hygienevorstellungen nicht gern gelesen wird. Dennoch ist es mir wichtig, dass die wissenschaftliche Tatsachen einfach anders lauten als die Werbeslogans, mit denen Hygieneprodukte an die Leute gebracht werden sollen. Schauen wir uns gerne noch mal den aktuellen Covid-19-Fall an. Die Reinigung der Hände nur mit Wasser beseitigt bereits 80 Prozent aller Belastungen. Benutzen wir nun noch eine Seife mit fettlöslichen Substanzen, geht die Zahl der Erreger, egal welcher Herkunft, nahezu gegen Null. Für den Hausgebrauch reicht das völlig.

Die Anforderungen machen den Plan

Außerhalb des eigenen Haushalts sieht es natürlich anders aus. Da machen die jeweiligen Anforderungen den Plan. Es ist ja klar, dass die Gastronomie einen anderen Hygiene-Standard fordert als medizinische Praxen. Krankenhäuser wiederum benötigen noch schärfere Standards. Die stellen eine besondere Herausforderung dar. Viele Menschen sterben heute durch den Hospitalismus, also an einer Infektion mit Keimen die aktiv im Krankenhaus verbreitet werden und das Immunsystem schwächen. Resistenz gegen häufig unnötig verabreichte Antibiotika ist nur einer der Gründe dafür. Die Übertragung der Reinigungsdienste auf auswärtige Firmen und die Abschaffung von festen Besuchszeiten haben unsere Krankenhäuser in diese desolate Situation gebracht.

Medial wirksam

Wir haben Gewohnheiten aufgegeben, um Kosten zu sparen und uns dadurch massive Probleme geschaffen. In den 1980 Jahren war all das noch überhaupt kein Thema. Heute hat die Pharmaindustrie nur ein geringes Interesse, einen Stoff gegen Keime zu entwickeln, die nur einen sehr kleinen Teil der Bevölkerung erwischen. Zu teuer sind die Entwicklungskosten, zu gering die Einnahmen, die daraus zu erwarten sind. Für die Industrie lohnt sich nur ein Bakterium oder ein Virus, der medial wirksam ist. Das zeigt das Beispiel Covid 19 sehr deutlich. Sind wir aber ehrlich, haben wir bereits seit Jahren im Gesundheitssystem ein schweres Infektionsproblem – leider aber meist bei Menschen, die bisher nicht zur Lobby des Gesundheitswesens gehörten.