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Dauerbrennerthema: Was Heilpraktiker dürfen und was nicht

In den letzten Jahren häufen sich Diskussionen über unser Gesundheitswesen: Menschen haben immer mehr Bedenken gegenüber schulmedizinischen Praktiken. Die Pharmalobby sorgt regelmäßig für Lärm. Es werden zu viele Medikamente verschrieben. Ärzte können aus Datenschutzgründen nicht vernünftig miteinander kommunizieren. Und der Beruf des Heilpraktikers wird, aufgrund einiger schwarzer Schafe, gleich völlig verteufelt und beispielsweise aus der elektronischen Patientenakte bisher ganz ausgeschlossen.  

Eine Problematik, die ich dabei sehe ist dieselbe, unter der unser gesamtes Gesundheitswesen leidet: Es wird übereinander gesprochen, aber nicht miteinander gearbeitet. Anstatt sich gemeinsam an einen Tisch zu setzen und im Interesse der Patienten und Patientinnen sinnvolle Lösungen zu suchen, müssen Gerichte darüber entscheiden, was die einen dürfen und die anderen zu unterlassen haben. Diese Situation gefährdet aber das, was viele Ärzte von Seiten der Heilpraktiker aus befürchten: Das Wohl der Menschen. 

Kurze Rückblende

Schauen wir doch einmal zurück auf die COVID-Hochzeiten. Was hätte unser Gesundheitswesen ohne die Heilpraktiker gemacht? Heilpraktiker durften und dürfen natürlich kein COVID behandeln. Sie konnten aber sehr wohl für das körperliche und seelische Gleichgewicht von Patienten sorgen, die vor großen Herausforderungen standen. Fernen konnten sie dazu beitragen, das Immunsystem ihrer Patienten zu stärken. Aber auch außerhalb solcher extremen Zeiten, fühlen sich viele Menschen wohl, wenn sich Heilpraktiker wirklich Zeit für sie nehmen, um gemeinsam eine Diagnose zu bekommen. Diese Zeit ist im System der Heilpraktiker vorgesehen, im schulmedizinischen Krankenkassensystem leider nicht. Mir ist wichtig, das klar zu trennen. Denn alle Menschen, die in der Medizin tätig sind, haben dasselbe Ziel: Ihren Patienten und Patientinnen zu helfen. Ich kritisiere hier also das System und nicht die Menschen, die täglich an der Front arbeiten und aufgrund von Abrechnungssystemen kaum eine andere Wahl haben. Es ist einfach kein Wunder, dass immer mehr Menschen das Vertrauen in die Schulmedizin verlieren und sich Alternativen suchen, wenn sie sich nicht gut aufgehoben fühlen und nach Schema F abgekanzelt werden.

Berechtigte Kritik

Ebenso konzeptionell wie die Fehler, die ich im System Schulmedizin sehe, flammt die Kritik an Heilpraktikern immer dann wieder auf, wenn ein schwarzes Schaf tatsächlich Menschenleben gefährdet. Diese Kritik ist natürlich berechtigt. Deshalb aber eine ganze Branche zu verteufeln, halte ich für falsch und fahrlässig. Den bereits Etablierten und Praktizierenden immer mehr Rechte und Methoden zu entziehen, ergibt doch keinen Sinn. Diese Diskussionen sind Nebelkerzen innerhalb eines Problems, das wir viel struktureller angehen müssen. Worüber wir dringend sprechen sollten, ist die Ausbildung. Ich bin der Meinung, sie sollte vereinheitlicht werden und vor allem verpflichtend sein. Rein ausgelegt auf das „Durchkommen“ bei der schriftlichen und mündlichen Prüfung, weicht die Vorbereitung und das Lernen doch deutlich ab vom Alltag der Heilpraktiker. Allerdings, anders als die populäre Meinung vermuten lässt, ist die Heilpraktiker-Urkunde auch nicht mal eben so zu erhalten. Der Lehrstoff ist umfangreich und die Prüfungen der Gesundheitsämter sind nicht darauf ausgelegt, so viele neue Heilpraktiker wie möglich in den Markt zu spülen.

Ein weiterer Aspekt ist die Fortbildungspflicht von Heilpraktikern. Ähnlich wie bei Ärzten müssen wir uns verstärkt um Fortbildungsmaßnahmen kümmern, um unser Wissen stetig zu erweitern. Der Nachweis erfolgt über ein Punktesystem. Zahlreiche Kolleginnen und Kollegen kommen dieser Verantwortung nach. Der BDH (www.bdh-online.de) zertifiziert verbandsübergreifend und dokumentiert diese Fortbildungen bereits seit 2002. In dieser Datenbank sind über 34.000 Heilpraktiker und Heilpraktikerinnen als Teilnehmende von Veranstaltungen registriert. Außerdem wurden über 19.000 Fachfortbildungsangebote vom BDH zertifiziert.

Politikum Heilpraktiker

Und trotzdem ist „der Heilpraktiker“ ist zum Politikum verkommen. Anstatt an die Strukturen heranzugehen, schießen viele parteiübergreifend gegen eine Berufsgruppe, die viel Gutes tut und, die von vielen Teilen der Bevölkerung gewollt und gebraucht wird. Wir benötigen den ganzheitliche Blick auf den Menschen. Ich bin sicher, viele Ärzte unterschreiben diese Haltung – es fehlt ihnen aber die Zeit, zumindest wenn sie über die gesetzlichen Krankenkassen abrechnen, um diesen ganzheitlichen Blick in der Praxis tatsächlich zu werfen. So lange wir aber Schulmedizin und Naturheilkunde, wie sie von Heilpraktikern angewendet wird, als Gegenpole sehen, verlieren die Menschen, denen wir helfen sollen und wollen. Ein komplementäres System und eine fundierte Ausbildung halte ich für die einzige richtige Lösung. 

Wir müssen aufhören die Gesundheitspolitik interessengetrieben zu gestalten und sie an die Lebensrealität der Menschen anpassen. Es gilt auch im System nicht Symptome zu bekämpfen, sondern die Wurzel zu festigen. Dazu brauchen wir informierte Patientinnen und Patienten und ein System, das das erlaubt. Statt immer wieder schwarze Schafe herauszupicken, brauchen wir den Blick auf die große Menge an Erfolgsgeschichten, an denen Heilpraktiker beteiligt waren oder die sie sogar ursächlich geschrieben haben. 

Was dürfen Heilpraktiker

Die Naturheilkunde bietet eine Vielfalt an Therapieformen und -ansätzen, die auf Jahrtausende altem Wissen basieren, aber auch von modernen Erkenntnissen profitieren. So ist es kaum verwunderlich, dass Patienten nicht immer genau wissen, was Heilpraktiker dürfen und was nur von Ärzten durchgeführt werden darf. In der Diskussion stehen hier oftmals so genannte invasive Methoden. Der Begriff stammt, wie fast alles in der Medizin, aus dem Lateinischen und bedeutet so viel wie „eindringen“. Grob könnte man zusammenfassen, dass es sich bei invasiven Methoden um solche handelt, die den Körper oder zumindest die Haut leicht verletzen. Dazu gehören zum Beispiel Akupunktur aber auch das Schröpfen oder die Behandlung mit Blutegeln. Würde man den Heilpraktikern generell die invasive Behandlung von Patienten untersagen, könnten alle diese Methoden nicht mehr angewendet werden, selbst wenn die Behandelnden eine spezielle Ausbildung dafür absolviert haben. Ich glaube nicht, dass das eine gute Idee wäre.

Ebenso dürfen Heilpraktiker:

  • Injektionen und Infusionen verabreichen
  • Aderlass durchführen
  • Bioresonanztherapien durchführen
  • Mit Aromatherapie arbeiten
  • Kinesiologie anwenden
  • Phytotherapien durchführen
  • Und vieles mehr. Darüber sollten Sie individuell mit ihrem behandelnden Heilpraktiker sprechen.

Was Heilpraktiker nach dem aktuellen Urteil des Verwaltungsgerichts Münster und der Bestätigung durch das Oberverwaltungsgericht nicht mehr dürfen: Blut entnehmen für die Durchführung einer Eigenbluttherapie. Das wurde uns durch das Transfusionsgesetz genommen. Einige Heilpraktiker hatten geklagt, sind aber damit nicht durchgekommen.

Meiner Ansicht nach sollten wir aufhören Gerichte zu bemühen, um Entscheidungen zu treffen, die in Gesprächen und vor allem in einer Vereinheitlichung der Ausbildung von Heilpraktikern gelöst werden könnten. Hier ist der Gesetzgeber gefragt. Allerdings nicht nur in Absprache mit schulmedizinischen Experten und Expertinnen, sondern in der engen Kommunikation mit Heilpraktikerverbänden wie dem BDH. 

Den Weg in die Zukunft der Naturheilkunde ebnen

Denn trotz vieler Herausforderungen und Kritik, denen die Naturheilkunde und insbesondere wir Heilpraktiker immer wieder ausgesetzt sind, gibt es unzählige Erfolgsgeschichten und positive Erlebnisse für Patienten und Patientinnen. Auch diese Geschichten verdienen es, gehört zu werden. Sie erinnern uns immer wieder daran, dass es überall schwarze Schafe geben mag, aber vor allem gibt es viel Positives, auf das wir unseren Fokus lenken sollten.