Wieviel ist Gesundheit wert?
In den letzten Jahren beobachte ich mit steigender Skepsis die Entwicklung, dass Menschen Vorsorgeuntersuchungen verpassen, weil sie Geld sparen wollen. Sie zögern aus Kostengründen, diese Untersuchungen durchführen zu lassen – einige sinnvolle Leistungen sind inzwischen sogar so genannte IGeL, individuelle Gesundheitsleistungen, also Selbstzahlerleistungen, geworden. Ich habe erlebt, dass des Geldes wegen, wichtige Untersuchungen bis zu fünf Jahre hinausgezögert wurden. Das halte ich für fatal.
Hinzu kommt, dass immer mehr private Krankenkassen mit Beitragsrückerstattungen werben, weil sie davon ausgehen, dass Patienten Rechnungen nicht einreichen, um Teile ihrer Beiträge wieder zurückzubekommen. Und häufig haben sie damit recht. Denn die Praxis zeigt, dass diese Art der Werbung Früchte trägt. Allerdings bedenken viele nicht, welche schweren Nebenwirkungen, das mit sich bringen kann.
Die zeigen sich oft erst, wenn die Menschen nicht mehr anders können und wegen starker Symptome wie zum Beispiel andauernder Schmerzen bei mir oder ihren Hausärzten aufschlagen. Dann ist eine Krankheit oft schon so weit fortgeschritten, dass eine Behandlung deutlich aufwendiger, unangenehmer und langwieriger wird. Im schlimmsten Fall können die versäumten Präventionsmaßnahmen sogar tödlich enden.
Unnötig und tragisch
Da frage ich mich schon, wieviel die eigene Gesundheit den Menschen wert ist. Aber ich möchte auch die Krankenkassen nicht aus ihrer Verantwortung entlassen. Denn die Versicherung sollte niemals mit dem Leben von Patienten zocken. Gerade erst habe ich wieder den Fall erlebt, dass eine Patientin mit einem bösartigen Tumor in fortgeschrittenem Stadium zu mir kam. Hätte sie ihre Vorsorgeuntersuchungen wahrgenommen, hätten ihre Ärzte den Tumor viel früher entdeckt und schneller sowie zielgerichteter reagieren können. Und mit naturheilkundlichen Methoden hätten wir diese Therapien unterstützen können. Das ist natürlich auch jetzt noch möglich. Ich hätte mir für die Patientin aber gewünscht, dass ihr die nun nötig gewordene hochdosierte Chemotherapie mit den ganzen Nebenwirkungen erspart geblieben wäre. Und ihre Heilungschancen stehen heute viel schlechter als bei einer früheren Erkennung des Tumors.
Das ist besonders tragisch, wenn man bedenkt, dass das Verpassen wichtiger Vorsorgeuntersuchungen oft auch noch finanziell völlig unnötig ist. Liest man das Kleingedruckte in den Krankenkassen-Verträgen zeigt sich häufig, dass bestimmte Präventionsmaßnahmen sich gar nicht auf eine Rückerstattung auswirken. Im Gegenteil. Es gibt sogar einige Versicherer, die all jenen einen Bonus auszahlen, die ihre Prävention eigenverantwortlich wahrnehmen. Ich wünschte, das würden alle so machen. Aber leider sind auch solche Maßnahmen oft nur Lockangebote – genauso wie die Übernahme der Kosten von Heilpraktikerleistungen. Die werden nämlich oft nach nur kurzer Zeit wieder abgeschafft oder zumindest gekürzt – Sparmaßnahmen, versteht sich! Das passiert bei Privatversicherungen seltener. Aber auch deshalb steigen die Beiträge besonders im Alter oft ins Uferlose.
Heilung statt Prävention
Jetzt können wir natürlich alle über unsere Zweiklassen-Medizin lamentieren – dass es oft einen Unterschied macht, ob jemand privat oder gesetzlich versichert ist, möchte ich auch gar nicht bestreiten. Woran unser Gesundheitssystem aber noch viel deutlicher krankt, ist die Ausrichtung auf Heilung, anstatt auf Prävention zu setzen. Hier müssten alle – Krankenkassen, Ärzte und Heilpraktiker – gemeinsam ansetzen und dafür sorgen, dass Patienten über Präventivmaßnahmen und mögliche Erstattungen dieser informiert sind. Natürlich ist jeder hauptsächlich selbst für seine Gesundheit zuständig. Wir können aber nicht immer alle Verantwortung auf sie abwälzen und uns dann wundern, wenn mit wichtigen Untersuchungen lax umgegangen wird. Allerdings möchte ich auch niemanden in Schutz nehmen, der fahrlässig seine Gesundheit verspielt. Eine Frage des Vermögens darf sie aber niemals sein. Denn Gesundheit ist mit keinem Geld der Welt aufzuwiegen.